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Fokus auf Netzstabilität: Tests netzbildender Umrichter mit PHIL

Fokus auf Netzstabilität: Tests netzbildender Umrichter mit PHIL

Die Energiewende beschleunigt sich rasant. Mit der weltweiten Abkehr von fossilen Brennstoffen und der Hinwendung zu Erneuerbare Energien verändert sich die Struktur unserer Energieversorgung erheblich. Große, zentralisierte Kraftwerke, die jahrzehntelang eine stabile Energieversorgung gewährleistet haben, werden nach und nach durch kleinere, dezentrale Erzeugungseinheiten ersetzt. Dieser Wandel hat grundlegende Auswirkungen auf das Stromnetz. Eine der kritischen Herausforderungen, die sich aus dem Auslaufen der großen konventionellen Kraftwerke ergeben, ist der Verlust der Netzträgheit. Früher sorgten die rotierenden Massen der Generatoren in diesen Anlagen für eine Stabilisierung des Netzes.

Landschaft der Erneuerbare Energien mit Sonnenkollektoren im Vordergrund, Windturbinen im Hintergrund und einem Hochspannungsmast unter blauem Himmel bei Sonnenuntergang.

Ohne diese Trägheit wird das Netz anfälliger für Schwankungen und potenziell instabiler, was neue Ansätze zur Aufrechterhaltung der Stabilität erfordert. Dieser Umstand wurde bereits erkannt und Bemühungen wie der deutsche Fahrplan für die Systemstabilität zeigen dies auf.

Um dieser Herausforderung zu begegnen, müssen dezentrale Erzeugungseinheiten und Lasten, wie Wind- und Solaranlagen, Elektrofahrzeug-Ladegeräte und viele mehr, zur Netzstabilität beitragen. Hier kommen netzbildende Regelungskonzepte für Wechselrichter ins Spiel. Diese Konzepte wurden in den letzten Jahren ausgiebig erforscht, um sicherzustellen, dass Stromnetze auch ohne traditionelle Trägheit stabil bleiben. Es wurden verschiedene wechselrichterbasierte netzbildende Regelungsansätze entwickelt, einer der vielversprechendsten basiert auf Droops, die sich seit Jahrzehnten in vielen Inselnetzprojekten bewährt haben. Für die Synchronisation mit anderen wechselrichterbasierten Betriebsmitteln und Lasten sind geeignete Strombegrenzungsmethoden erforderlich. Eine Lösung für diese Herausforderung ist SelfSync+ und SelfLim vom Fraunhofer IEE - ob in Microgrids, im Verbundnetz oder im Inselbetrieb. Um netzbildende Regelungskonzepte zu validieren, ist es unerlässlich, ein breites Spektrum an Netzszenarien zu testen, von kleinen Mikrogrids mit wenigen Teilnehmern bis hin zu komplexeren Netzstrukturen. Das Fraunhofer IEE nutzt fortschrittliche Tests wie Hardware(PHIL), kombiniert mit leistungsfähigen Echtzeitrechnern und Rapid Control Prototyping (RCP) Systemen. In vielen Gremien weltweit, wie z.B. CIGRE, FNN und CENCLEC, wird über eine weitere Übernahme in die Standards diskutiert.

Für die Validierung von netzbildenden Regelungskonzepten ist es unerlässlich, ein breites Spektrum von Netzszenarien zu testen, von kleinen Mikronetzen mit wenigen Teilnehmern bis hin zu komplexeren Netzstrukturen.

Jonas Steffen

Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik

Bild zitieren

In der Abbildung ist ein Beispiel für einen netzbildenden Wechselrichter zu sehen, der im RCP-Modus konfiguriert und an eine Last und ein PHIL-System angeschlossen ist. Der RCP-Wechselrichter führt das gewünschte Regelungsmodell aus, das in diesem Fall eine netzbildende Regelung mit Strombegrenzung ist. Das PHIL-System, bestehend aus einem OPAL-RT OP4512-Echtzeitsystem und einem RICOSO als PHIL-Verstärker, simuliert ein kleines Netz mit einer Last und einer anderen Netzformungsmethode. Dieses simulierte Netz ist über den Verstärker mit dem realen Netz verbunden, so dass der reale Netzausschnitt um ein Skalierbar emuliertes Netz erweitert werden kann. Diese Konfiguration erlaubt umfassende Tests des realen Wechselrichterverhaltens im Netz und ermöglicht die Validierung der Netzstabilität unter verschiedenen Bedingungen, um sicherzustellen, dass die angeschlossenen RICOSO RCP mit netzbildender Regelung den Anforderungen des modernen Energiesystems entsprechen. RCP und PHIL sind damit unverzichtbare Werkzeuge zur Validierung von Regelungsstrategien und eine Schlüsselkomponente beim Ausbau von Testnetzen zu komplexen, realistischen Netzstrukturen. Der Einsatz dieser Techniken eröffnet den Forscher:innen nahezu unbegrenzte Möglichkeiten zur Bewertung der Leistungsfähigkeit von netzbildenden Wechselrichtern.

Diagramm eines Prüfstandsaufbaus für die netzbildende Regelung mit dem RICOSO-System, das die Echtzeitsimulation, die hardware(PHiL)-Schnittstelle und die Regelungsausführung in einem physischen Stromnetz veranschaulicht.
Testbench für die netzbildende Steuerung, die ein emuliertes microgrid auf RTS mit PHIL-System und RCP-Wechselrichter als Testgerät zeigt.